Wenn zwei Paddler gleicher Statur nebeneinander in baugleichen Canadiern mit einem vergleichbaren Paddel paddeln, dann könnten sie gleich schnell unterwegs sei. In der Realität kann man teils erstaunliche Unterschiede im Tempo beobachten.
Wenn man das Material und physischen Merkmale (Gewicht, Kraft) der Paddler gleichsetzt, bleibt als Erklärung für unterschiedliche Geschwindigkeit nur Unterschiede in der Technik. Was also macht den Paddler / die Paddlerin schnell?
Es gibt vier Hauptfelder, die das Tempo positiv beeinflussen:
- Wenig Bremswirkung bei der Korrektur
- „Druck“ auf dem Vorwärtsschlag
- Eine hohe Frequenz
- Gute Kraftübertragung auf das Boot
Wenig Bremswirkung bei der Korrektur
Jeder Vorwärtsschlag beinhaltet für das Gesamtsystem einen Drehimpuls, der das Boot gieren lässt. Je geringer dieser Drehimpuls ist, desto weniger muss korrigiert werden. Je näher das Paddel an der Kiellinie geführt wird, desto weniger Drehimpuls tritt auf. Das Paddel ist dann nah, wenn es (in Längsrichtung des Bootes betrachtet) senkrecht geführt wird. Wenn also das Paddel senkrecht geführt wird, dann ist tendenziell weniger Korrektur nötig.
Die Korrektur darf nicht zu lang ausgeführt werden. Zwar bremst jede Korrektur, schlechte Korrekturen bremsen mehr. Eine Korrektur darf nicht zu weit aus der Bootsachse laufen. Um Trotzdem eine gute Korrekturwirkung zu haben, hilft es, die Korrektur kurz und mit Impuls auszuführen.
„Druck“ auf dem Vorwärtsschlag
Das erste Ziel ist, das Paddel schnell mit dem kompletten Blatt einzutauchen, ohne dass es zu vielen Turbulenzen im Wasser kommt. Der eigentliche Paddelschlag beginnt mit einem kurzen „knackigen Anrucken“, damit sich das Wasser am Paddel „verankert“ (sauberer Catch). Dann kann in der sich anschließenden Kraftphase die Kraft auf das Wasser übertragen werden
In der Kraftphase werden durch die Torsorotation große Muskelgruppen involviert. Das führt nicht nur zu einer größeren Ausdauer, sondern auch zu mehr Kraft am Paddel.
Da bei einem zu langen Schlag in der letzten Phase viel Wasser angehoben wird (und damit das Boot anfängt zu stampfen), sollte die eigentliche Kraftphase nur so lang sein, wie das Paddel senkrecht im Wasser steht. Auch verliert sich der Effekt des Catches nach einiger Zeit. Daher ist der Paddelschlag nicht lang, sondern ein bewusst kurzer Paddelschlag.
Eine hohe Frequenz
Nur ein kleiner Teil der gesamten Bewegung bringt Impuls in das Boot. Das ist die Kraftphase des Vorwärtsschlages. Alle anderen Teile (Aushub, Rückholung (Recovery), Korrektur, Einsetzen) sind zwar für den Prozess des Tempomachens notwendig, aber nicht „wertschöpfend“. Daher müssen diese Teile der Bewegung zeitlich verkürzt werden. Also benötigen wir eine kurze Korrektur, eine schnelle Rückholung, und ein schnelles, speerartiges Einsetzen.
Wer mal mit einem Drachenboot mit Leistungssportlern mitgefahren ist, kann erleben, wie schnell und präzise diese Bewegungen ausgeführt werden können!
Gute Kraftübertragung auf das Boot
Zu guter Letzt ist es wichtig, dass die Energie, die auf das Paddel gebracht wird, nicht an anderer Stelle verpufft. Zwei Dinge sind da wichtig: gute Körperspannung und ein guter Kraftschluss zum Boot. Wenn beides nicht gegeben ist, Bewegt sich der Körper des Paddler so, dass viel Energie verloren geht. Um eine gute Körperspannung aufzubauen, bietet sich Athletiktraining an, wie es auch von den Läufern praktiziert wird. Auch die Läufer möchten die Energie ihrer Bewegung auf die Straße bringen und nicht durch Ausgleichsbewegung im Körper verschwenden. Um bei der Analogie mit den Läufern zu bleiben: genau so wie die Läufer einen Kraftschluss zur Tartanbahn suchen (Stichwort Spikes), muss der Paddler dafür sorgen, dass er gut verankert im Boot sitzt und nicht hin und her rutscht. Das ist der Grund, warum bei Canadiern, die auf hohes Tempo ausgelegt sind, Treckersitze und Fußstützen eingebaut werden.
Fassen wir zusammen. Aus meiner Sicht sind dies die entscheidenden Faktoren, um „schnell“ zu sein:
- Das Paddel senkrecht führen
- kurze Korrektur
- sauberer Catch
- Torsorotation
- kurzer Paddelschlag
- schnelle Rückholung
- schnelles, speerartiges Einsetzen
- Körperspannung
- Kraftschluss zum Boot
Schön ist, dass diese Faktoren sich an keiner Stelle gegenseitig ausschließen, sondern wunderbar ineinander greifen!